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lieber lächeln
Idee, Konzept, Text und Artwork ©Anja Roth | Fotos ©Sabine Mader | ActionBound ©Sandra Tillmann

Ein Nachbarschaftsprojekt voller Gespräche, Bilder und Geschichten. Entwickelt von Anja Roth. Umgesetzt von Anja Roth, Sabine Mader, Sandra Tillmann, dem COMMUNITYartCENTERmannheim und dem Team QuiSt IKUBIZ in Mannheim Neckarstadt-West.

Ein verbindendes Angebot für Menschen in Nachbarschaften, Communitys und Unternehmen. Für mehr Sichtbarkeit, Miteinander und „Togetherness“!

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Die gesellschaftliche Bedeutung von Kultur im Sinne einer Gesamtheit kultureller Ausdrucksformen muss mit Bildern und Geschichten arbeiten. Nur so, über einen zugewandten und niederschwelligen Zugang, können Kunst und Kultur es schaffen, die Menschen in eine konstruktive Auseinander-setzung mit ihrer Umwelt und miteinander zu bringen. Wenn es jeder und jedem gelingt, die eigenen Ideen und Werte auszudrücken, dann kann es auch gelingen, den eigenen Platz in dieser Welt zu bestimmen.

 

Schwierige Zeiten, schwierige Orte.

Aber die Zeiten sind schwierig. Corona schreibt die Spielregeln. Das Leben in einem Stadtteil wie der Mannheimer Neckarstadt-West ist noch schwieriger geworden. Hier ist es eng und laut und bunt. Studierende, vielköpfige Familien, prekärer Broterwerb, Menschen aus aller Herren Länder. Ein liebens- und lebenswerter Stadtteil sagen viele, die hier wohnen. Manchmal fast unhaltbare Zustände finden die, die eher von außen schauen. Ein dringender Bedarf an Zusammenhalt, Verständnis, Toleranz und Miteinander ist im Quartier immer gegeben. In Pandemie-Zeiten – mit Maske und Misstrauen - mehr denn je. Was also kann die Kunst hier bewegen?

 

Es begann mit der Idee, nach draußen zu gehen.

Zentraler Treffpunkt für die soziokulturelle Kunst in der Neckarstadt-West ist das COMMUNITYartCENTER in der Mittelstraße, der „Flaniermeile“ im Quartier. „Die Menschen können aktuell nicht zu uns kommen,“ bedauerte Annette Dorothea Weber, die künstlerische Leiterin, die Situation in diesem Sommer 2020. „Kann sein, dass das länger so bleibt. Hast du eine Idee?“ fragte sie bei Anja Roth an, die als bildende Künstlerin vorzugsweise Kunst und Themen der gesellschaftlichen Verantwortung miteinander verknüpft.

„Kunst ist für mich nicht einfach ein schönes Bild an der Wand,“ erklärt die ihren künstlerischen Ansatz. „Ich möchte Bilder schaffen, die etwas anstupsen, etwas bewegen, die im Leben stehen und mit dem Alltag von Menschen zu tun haben.“ Dass daraus Geschichten entstehen, zeigt ihr Projekt „Lieber lächeln!“, das sie zusammen mit der Fotografin Sabine Mader aus München umgesetzt hat.

 

Handschlag? Besser nicht. Umarmung? Geht grad gar nicht. Küsse? Auch viel zu dicht.

 

Rausgehen, die Menschen abholen, Sicherheitsmaßnahmen als Chance begreifen, nicht als Hindernis. Das war der erste Ansatz.

„Lieber lächeln!“ ist eine verbindende Nachbarschaftsaktion für die Menschen in der Neckarstadt-West geworden, die so gewinnend konzipiert ist, dass sie im Rahmen des Programms „Kultur Sommer 2020“ vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst zur Förderung ausgewählt wurde.

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Jedes ein Unikat: 100 Lächeln, 100 Künstler*innen, 100 Plakate im Quartier

Physical Distance ja, Social Distance nein!

Ausgestattet mit Masken, Desinfektion, einer Batterie dicker schwarzer Filzstifte und 100 wetterfesten „nackten“ Plakaten sind die Künstlerinnen Anja Roth und Sabine Mader in die Aktion gegangen. Gemeinsam mit der Unterstützung der Mitarbeiterinnen vom COMMUNITYartCENTER und dem Team QuiSt/IKUBIZ haben sie die Menschen in der Neckarstadt-West eingeladen, ihren Stadtteil mit ihren vielen verschiedenen Lächeln zu verschönern. Dafür haben sie sie einfach angesprochen, mit ihnen gemalt, fotografiert, ihnen zugehört und danke gesagt.

Danke sagen gehört dazu – findet auch Quartiermanagerin Jenny Yeboah

Danke sagen gehört dazu – findet auch Quartiermanagerin Jenny Yeboah

Mission Nr. 1: 3 Tage lang Lächeln einsammeln: von Frohnaturen und Lachkatzen, aber ebenso von Wegguckerinnen und leidenschaftlichen Nichtlächlern. Sie haben dann doch alle mitgemacht.

Überall draußen ist Atelier. Die Menschen in der Neckarstadt-West sind spontan dabei.

Open-Air, 24/7, kostenlos!

100 individuell lächelnde Plakate sind so in 3 intensiven Tagen in den Straßen und auf den Plätzen der Neckarstadt-West entstanden. In Form einer weitläufigen Ausstellung hängen diese nun verteilt im Quartier. Konform mit allen Corona-Regeln. Komplett entzerrt in Zeit und Raum kann jede und jeder Interessierte die Exponate ablaufen. Will jemand alle 100 finden? Manche suchen vielleicht nur ihr eigenes Gemälde und viele haben sich beim täglichen Weg durch ihr Quartier sicher schon längst an die freundlichen Plakate gewöhnt. Bis zum 30. September dürfen sie mit ebenso freundlicher Genehmigung der Stadt Mannheim hängen.

Mission Nr. 2: Das Lächeln im Quartier zeigen. 50 Stationen, für die die Neckarstadt-West Galerie, Publikum und Resonanzraum ist. So ziehen Achtsamkeit, Wertschätzung und Dialogbereitschaft deutlich sichtbar in den Alltag ein.

100 lächelnde Plakate erfreuen die Menschen in der Neckarstadt-West

Schnitzeljagd reloaded: interaktiv, digital, smart.

So persönlich, zugewandt und analog war diese Aktion, aber es kommt auch noch digital. In Form einer interaktiven Schnitzeljagd wird ab dem 3. September eine digitale Ausstellungsführung angeboten, die - stellvertretend für alle - acht der ausgewiesenen Lächel-Stationen mit dem Smartphone auffindbar macht.

Mit der kostenlosen App Actionbound, die man per QR-Code von jedem der Plakate und Flyer abscannen kann, gelingt der Einstieg in die Geschichte der Neckarstädter Lächeln. Dabei erfährt man viel Wissenswertes über das Phänomen Lächeln, über die Straßen der Neckarstadt-West und über sich selbst. Ursprünglich als medienpädagogisches Projekt gestartet, wird Actionbound heute von vielen Menschen auf der Welt zur spielerischen Vermittlung von Lerninhalten genutzt. Für „Lieber lächeln!“ jongliert Sandra Tillmann, Actionbound-Spezialistin im Pfälzerwaldverein, mit Schnitzeltipps, Bildern, Quizfragen oder Info-Clips und begleitet den Weg handykompatibel durch den Lächel-Parcours. Jede zu ihrer Zeit, jeder in seinem Tempo. Spaß, Interaktion und Sicherheitsabstand inklusive.

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Lächel-Parcours: 8 ausgewählte Plakatstationen mit dem Smartphone aufspüren

Mission Nr. 3: Alle mitnehmen. Mit analogen und digitalen Komponenten wird das freundliche Projekt für Groß und Klein attraktiv und funktioniert als Selbstläufer ganz nach Wunsch, Lust und Biorythmus.

 

Der kleinste gemeinsame Nenner. Oder der größte?

Lebens-, Alltags- und Arbeitswelten haben sich im Zuge der Pandemie verändern müssen. Distanz ist plötzlich wichtig. Auch digitale Gewohnheiten verändern Kommunikation und Zusammenleben deutlich. Veränderung als Chance begreifen und Dinge-neu-denken ist jetzt gefragt. Innovationen tun viel Gutes, aber manches darf trotzdem nie verloren gehen. Das Lächeln zum Beispiel. Darauf sollten wir uns einigen können.

 

Lächeln ist besser. Lieber lächeln.

Lächeln ist ein Hallo. Ein guten Morgen.

Ein Auf Wiedersehen. Ein bis bald.

Lächeln ist ein Danke. Ein Bitte. Ein Sorry. Ein Okay.

Ein ich mag dich! Ich dich auch!

Ein darf ich? Selbstverständlich!

Ein Gruß, ein Einverständnis, ein Wohlwollen. Eine Zugewandheit.

Lächeln ist Nähe. Lächeln ist ein Geschenk. Eine klare Ansage.

 

Was Menschen verbindet, beginnt oft im Kleinen. Mit einem Blick, einer Geste. „Togetherness“ beginnt mit einem Lächeln, denn lächeln ist ansteckend. Eine Ansteckung der guten Art.

 

Fremde oder Freunde - Portraits von Menschen.

Alle haben sie gelächelt. Und alle waren bereitwillig einverstanden, ihr Lächeln für alle anderen zu verschenken. „Wir waren wirklich geflasht: Bewaffnet mit zwei Dutzend Model-Release-Verträgen hofften wir, dass wenigstens einige unserer Künstler und Künstlerinnen per Unterschrift zustimmen würden, ihr Portrait-Foto im Sinne der Aktion „Lieber lächeln!“ ausstellen zu lassen,“ erklärte Sabine Mader, Fotografin und Teil des Künstlerinnen-Tandems roth+mader, das die ganze Aktion entwickelt und umgesetzt hat. „Alle wollten dabei sein, wir mussten noch ordentlich Kopien nachmachen,“ ergänzte sie lachend. 98 von 100 Teilnehmenden fanden die Aktion so liebenswert und gut, dass sie sehr gerne einen Teil dazu beitragen wollten. Wir haben also 98 berührende Portraits von den bezaubernden, bunten und lächelnden Menschen in der Neckarstadt-West.

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Freude über den Austausch – auch Tage später noch

Lächeln ist ansteckend - eine Ansteckungsgefahr der guten Art.

„Lieber lächeln!“ ist ein verbindendes Angebot für Nachbarschaften, Communitys und Unternehmen. Hier kommen Menschen zusammen über das schönste und zugleich unverbindlichste Geschenk, das sie einander machen können, das Lächeln. Das verbindet, weckt Neugier und schafft Vertrauen. So wiederum entsteht der Mut, sich auf Neues einzulassen, den anderen wirklich zu sehen und sich beim nächsten Mal bereits ein bisschen offener aufeinander einzulassen.

„Ich kann das nicht. Habe keine Zeit. Heute ist mir nicht nach lächeln.“ Es gab auch ablehnende Antworten. Doch durch zuhören, nachfragen, Verständnis zeigen konnten solche Bedenken fast immer gemeinsam überwunden werden. Menschen wollen gesehen und gehört werden. Sie wollen etwas (mit-)bewegen. Menschen wollen lächeln und glücklich sein. Am Ende war jede und jeder stolz auf das Werk und den eigenen Beitrag.

 

Kunst kann das – alles nämlich.

Partizipative und intervenierende künstlerische Strategien, die im öffentlichen Raum stattfinden, haben immer auch etwas Forschendes, bringen Aha-Erlebnisse auf allen Seiten mit. Die Erkenntnisse sind nicht immer alle neu, aber weil sie oft so fundamental, einfach und alltäglich sind, werden sie wieder vergessen. Man steht sich viel zu oft selbst im Weg. Wenn wir Kunstmachen als Werkzeug betrachten, ist es für alle leichter, Unsicherheit, Ablehnung oder zumindest Desinteresse zu überwinden. Indem man Verständnis zeigt, Angebote macht, Begeisterung teilt. Und Bilder schafft, die die Geschichte immer wieder neu erzählen.

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Sabine Mader, Anja Roth, Sandra Tillmann und das Team am Tag 2.

„Das war das ganz besonders Mitreißende und Berührende an der Aktion „Lieber lächeln!“, findet Anja Roth. „Als ich das Konzept entwickelt habe, konnte ich nur ahnen, was die Durchführung mit uns allen machen könnte. Wir waren nicht nur gemeinsam kreativ und fröhlich, wir haben den Stadtteil und seine Menschen wirklich lieb gewonnen. Und die uns auch. Eigentlich sind wir alle für diese Zeit Freunde geworden.“

 


 

Gemeinsam Kunstmachen in der Neckarstadt-West – für ein Lächeln.

Ein Effekt, der in verschiedensten Zusammenhängen gedacht werden kann, findet Anja Roth, die sich neben dem Kunstmachen seit vielen Jahren auch mit Themen der gesellschaftlichen Verantwortung in Unternehmen befasst. Für Belegschaften und Kollegien hält sie ähnliche Projekte und Aktionen für sinnvoll. Zur Vernetzung auf Sozial-Ebene, für energetische Business-Communitys und für einen dauerhaft konstruktiven Team-Spirit. Gemeinsam mit Kollegin Sabine Mader gibt es deshalb bereits verschiedene Ansätze und Konzepte, um die Wertekulturen in Unternehmen sichtbar, erlebbar und nachvollziehbar zu machen.

Gerne würde das Kollektiv roth+mader die knapp 100 Portraits, die aus der Aktion entstanden sind, ausstellen. Leider ist das in Corona-Zeiten auf so kleinem Raum wie er als Galerie im COMMUNITYartCENTER zur Verfügung steht, nicht möglich. Aber wer einen Blick in die Schaufenster des Eckgebäudes werfen möchte, wird ab dem 3. Oktober trotzdem einen kleinen Eindruck davon bekommen, wie da 2 Monate im Stadtteil gelächelt wurde. Und wer weiß, vielleicht findet sich woanders noch die gute Gelegenheit, einen passenden Ausstellungsraum zu bespielen.

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Gemeinsam Kunstmachen in der Neckarstadt-West – für ein Lächeln.

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